Fräse für Platinen

Es wurde mit einfachsten Mitteln eine Vorrichtung gebaut, mit der per Rechner Platinen gefräst werden können. Für SMD-Platinen reicht die Genauigkeit zwar nicht, aber im 2,54mm-Raster klappt das ganz gut. Hier nun eine kurze Beschreibung. Die Profis werden zwar lachen, aber vielleicht kann ja Dieser oder Jener, der kein Geld ausgeben will, diese oder jene Idee übernehmen.

Der Bau erfolgte mit einfachsten Technologien, es stand keine Drehbank, Fräsmaschine, Hobelmaschine, Flächenschleifmaschine oder ähnliche Technologie zur Verfügung. Es war auch kein Betrieb verfügbar, der diese oder jene Teile "sponsern" konnte...


Kreuztisch: Zwei Abfallstücke einer dicken Küchenarbeitsplatte dienen als Grundplatte (Größe eines Doppelspülbeckens) und Werkstücktisch (etwas kleiner). Sie sind über 4 angeschraubte, rechtwinklig verschweißte Linearkugelführungen (schwere Rollschienen für Trafos in Schaltschränken) verbunden. Als Spindeln dienen derzeit 6 mm Gewindestangen (Baumarkt), die mittels Kugellager geführt sind, je eine Lochscheibe für Gabellichtschranken tragen und von 12V-Getriebemotoren, die es mal bei Pollin für knapp 4 DM gab, angetrieben werden (etwa 60 U/min).

Jawohl! Gleichstrom-Getriebemotoren und keine Schrittmotoren! Denn die arbeiten einfacher und zuverlässig und brauchen weniger Ansteuertechnik. Jeder Motor wird von 2 Relais gesteuert, eins für vorwärts, eins für rückwärts (H-Brücke). Das wäre auch elektronisch gegangen, aber die Relais lagen rum, die gab es mal bei Conrad zu 25 Pfennig für ein Doppelrelais (2 identische Relais in einem Gehäuse).
Das Bild zeigt die Relais auf der Ansteuerplatine. Sie werden mittels Transistoren BC337 vom Printerport angesteuert. Die Anschlussbelegung des Printerports erfährt man übrigens im Menüpunkt INFO im Steuerprogramm.

Hier ist die Fräse bei der Arbeit. Der Schwenkrahmen ist abgesenkt und liegt mit seinem ganzen Gewicht über die metallische Hohlschraube (einstellbarer Abstandhalter) auf der Platine. Der Fräsbohrer ragt nur wenige zehntel mm aus der Hohlschraube heraus.
Der Kreuztisch mit der zu fräsenden Platine wird von den Vorschubspindeln unter dem Fräser hinweg bewegt.

Die Wegmessung erfolgt durch Lochscheiben aus Platinenmaterial und Gabellichtschranken. Diese haben je zwei Lichtschranken auf unterschiedlichen Radien. Dabei hat der eine Radius 10 Locher, der andere 1 Loch. Es werden die Flankenwechsel (Loch/kein_Loch) gezählt, macht 20 Impulse je Umdrehung (je Millimeter). Und immer dann, wenn das einzelne Loch der anderen Lichtschranke wirkt, wird der Zählerstand auf die am nächsten liegende volle 20 gerundet. Das korregiert Zählfehler. Diese Technik gibt es für die X-Achse und für die Y-Achse.

Als Werkzeug(maschinen)träger dient ein dreieckig zusammengeschweißter Schwenkrahmen aus 20mm-Vierkant-Hohlprofil (Stahl), der an 2 Ecken Muttern M8 angeschweißt bekommen hat, in denen Schrauben als Lagerbolzen stecken, die durch Kontern an den Haltewinkeln befestigt sind. Jeder Maschinenbauer wird mich dafür steinigen wollen, aber es gibt dort nur einen Schwenkwinkel von 100° und das Spiel ist erstaunlich gering. Die Schwenkachse des Werkzeugträgers liegt exakt auf Höhe der Fräsebene. Zum Platinenwechsel oder Fräserwechsel wird der Schwenkrahmen nach oben geklappt (Anschlag bei 100°) und man hat allen Platz der Welt. Als Fräsmotor wurde ein Dremel-Plagiat von Aldi (38 DM / 19 Taler) verwendet, als Fräser die Vollhartmetall-Speerbohrer von Conrad. Um den "falschen Dremel" zu befestigen, wurde eine 2mm-Blechplatte an den Rahmen geschraubt, in die ein Loch für das vordere Gewinde der Maschine gebohrt wurde und diese eingeschraubt wurde.
Die Original-Mutter aus Kunststoff ist zur Befestigung der Maschine recht ungeeignet, da musste etwas Solideres her (siehe Bild weiter unten). Da hier auch der Abstandhalter (Gleitschuh) angebaut werden musste, wurde in eine Überwurfmutter für Wasserhahn (Polyamid) das Gewinde für den Antidremel geschnitten und dieser so damit festgeschraubt, dass die offene Seite mit dem Innengewinde (Rohrgewinde) nach unten (zur Platine) zeigt. In diese wurde mit etwas Teflonband die Stopfbuchsenschraube einer Rohrverschraubung eingeschraubt (Messing, verchromt, Außengewinde, 6-Kant-Kopf, innen hohl) und mit einer radial in die umgebaute Überwurfmutter eingesetzte Arretier-Schraube gegen Verdrehen gesichert. Dieses dient als Gleitschuh und Abstandhalter, damit wird die Frästiefe eingestellt.

Damit der Fräser auch bei eingesetzter Abstandhalter-Schraube gewechselt werden kann, wurden an der Spannmutter der Spannpatrone zwei Fasen angeschliffen und ein spezieller Steckschlüssel dafür angefertigt.

Die Frästiefe wird also NICHT durch eine Z-Gewindespindel eingestellt, sondern durch einen Gleitschuh, der auf der Platine gleitet (und dabei viel weniger Schrammen macht, als ich befürchtete). Der Fräsarm wird an seinem Ende durch Getriebemotor mit Exzenterhebel und Kugellager angehoben (Leerfahrt) bzw. nicht angehoben (Fräsfahrt), wodurch Fräsarm mit Maschine durch Schwerkraft auf die Platine drücken. Das Absenken geschieht langsam (PWM), das Anheben schnell. Vor dem Absenken wird die Steckdose für den Antidremel eingeschaltet, nach dem Anheben wieder aus. Diese Art des Z-Antriebs hat den großen Nachteil, dass man keine echten 3D-Figuren fräsen kann, aber ich will ja nur kleine Platinen fräsen, sonst nix.
Die X/Y-Antriebe sind übrigens mit den gleichen Getriebemotoren ausgestattet wie der hier gezeigte Z-Antrieb.

Platinenbefestigung auf dem Kreuztisch:
Das war ein langer Weg...
Anfangs klebte ich die zu fräsende Platine mit doppelseitigen Klebepads auf den Tisch, aber der Kleber lässt sich sehr schlecht entfernen. Jetzt ist da eine größere Epoxy-Platte angeschraubt, auf der 2 Streifen recht dünne Epoxy-Platte (alles zweiseitig Cu) im rechten Winkel als Anschläge aufgelötet sind. Mittels zweier Spannpratzen (Flach-Alu und lange selbstschneidende Schrauben) außerhalb des Arbeitsbereiches werden zwei Epoxy-Streifen fixiert, die den "Rohling" gegen die Anschlagstreifen drücken. Damit ist das Werkstück gegen Verrutschen gesichert.

Die Endlagen des XY-Tisches sowie des Hub-Antriebs sind mit Mikrotastern gesichert. (Etwas schlecht zu sehen, da hinter dem Haltewinkel montiert.) Links vom Haltewinkel sieht man den Betätigungshebel des Mikroschalters.

Ansteuerung: Per LPT-Port eines alten 486ers werden Treibertransistoren angesteuert, die die (Doppel-) Relais schalten. Als Stromversorgung dient das Netzteil eines verschrotteten PC (12V für Relais, Licht und Motoren, 5V für den Rest). Die Steckdosen für Antidremel und Staubsauger werden von netztauglichen Relais geschaltet, die sich in einem separaten netztauglichem Gehäuse befinden.

Die Steuersoftware ist in QB (V.4.5) unter DOS erstellt und noch nicht mal kompiliert, läuft also in der Entwicklerumgebung. Sie enthält ein Hauptmenü, von dem man (auch mit der Maus) Dateien einlesen, Fräsen, Fräser zum Nullpunkt fahren, Offset einstellen (also neben das eben gefräste Layout fahren), Fräswege von Hand optimieren, einfache Fräsmuster erstellen, optimierte oder erstellte Dateien speichern, Statistik abfragen oder das Programm beenden kann (hoffentlich habe ich jetzt nix vergessen). Während des Fräsens wird das Fräsbild am Bildschirm dargestellt und der Fortschritt visualisiert.
Hier ist der Fräser bei der Arbeit, zu Bedienen gibt es jetzt nix, es wird nur der Fortschritt der Arbeit visualisiert...
Rot ist fertig, blau muss noch, weiß ist gerade in Arbeit. Der Fräser ist rechts mittig Richtung "unten" unterwegs, der fertige Teil der Trennlinie ist rot, der noch zu fräsende Teil ist weiß.
Da Eagle eine etwas umständliche Reihenfolge der Fräslinien errechnet, sind einige Linien vergessen worden, die später erst gefräst werden. Eagle meint wohl, dass sich Plotter über Leerfahrten freuen...
Rechts oben auf dem Bildschirm sieht man 5 Zeilen der HPGL-Datei, die mittlere wird gerade abgearbeitet.
Rechs mittig sieht man aktuelle Angaben zum Arbeitsfortschritt wie Vorschubtempo, Offset zum Tisch-Nullpunkt, Zielposition, Ist-Position, Bewegungsrichtung (soll "west" heißen) Fräserstatus (unten, Stift 2) und bisher gebrauchte Zeit.
Rechts unten sind einige statistische Angaben zur Platine wie Größe, Fräsweg usw...
Auch in den anderen Menüpunkten des Programms wird links das Fräsbild und rechts das Menü gezeigt. Im Dateimenü gibt es statt des Fräsbildes allerdings das Dir, aus dem man per Cursor die zu ladende Datei auswählt...

Nun zum Dateiformat: Die Soft liest HPGL-Dateien, aber nur eine Teilmenge des Befehlssatzes. ASCII-Schrift, Kreise, Bögen usw. werden nicht unterstützt, nur waagerechte und senkrechte (und bedingt auch diagonale) Fräsfahrten mit Pen 2 und Bohrungen mit Pen 8. Aber mehr brauche ich für meine Platinen ja auch nicht. Die HPGL-Dateien werden mit dem CAM-Prozessor von Eagle erstellt. Dazu zeichne ich (per WIRE) mit Layer 100 die Trennlinien von Hand in das Layout.
Ein eigenes Device namens BOHRPUNKT enthält einen extrem kleinen Kreisbogen im Layer 101, der vom CAM-Prozessor als Pen 8 interpretiert wird. Dieses setze ich dann von Hand auf benötigte Bohrungen. Der Grund dafür ist, dass ich meine Platinen vorrangig oberflächenbestücke, also wie SMD, nur eben mit den größeren DIL/DIP-Schaltkreisen, und da stören die Bohrpunkte. Wenn ich welche brauche, muss ich sie also explizit setzen.

Das Programm ist Baustelle, oder treffender: "Bau-Ruine". Im Menüpunkt "Einstellungen" funktioniert noch gar nix, die Mausunterstützung ist noch nicht überall eingebaut. Inzwischen glaube ich nicht mehr daran, dass es jemals fertig wird. Es macht seine Arbeit und das reicht mir. Ich lasse es beim Fräsen sogar als Quelltext in der Umgebung von QB 4.5 laufen, da kann man bei Problemen schnell mal was ändern.

Ehe es heißt: "Das geht nicht", hier noch einige Hinweise: Das Programm (Quelltext) läuft nicht unter QBASIC von M$-DOS 6.xx. Damit der Quelltext ausführbar ist, muss man ihn mit dem Programm QB (Version 4.5 von Micro$oft) laden und die Bibliothek "QB.QLB" einbinden, diese wird wegen der Maussteuerung gebraucht. "Ansehen" kann man sich das Listing natürlich auch mit jedem DOS-basierenden Texteditor oder auch mit QBASIC. Wer sich die Arbeit macht, alle Mausroutinen zu entfernen, der kann es auch unter QBASIC benutzen.
Damit man auch ohne QB sieht, wie die Oberfläche aussieht, gibt es auch die kompilierte EXE-Datei...

Das Programm liest Dateien *.hpg, die mittels Eagle (CAM-Prozessor) erstellt wurden. Dabei wird ein von Hand gezeichneter Layer "frs" (100) mit Stift 2 exportiert. Das Programm interpretiert Stift 2 als zu fräsende Trennlinie und Stift 8 für Bohrpunkte. Diese werden natürlich nicht durchgebohrt sondern nur angefräst. Es werden nur lineare Fräswege unterstützt, also waagerecht, senkrecht und bedingt diagonal, aber das reicht mir für einfache Prototyp-Platinen. Zusätzlich gibt es noch das Dateiformat *.hpl, so werden mit dem Fräsprogramm erstellte oder geänderte Fräsbilder abgespeichert. Auch diese lassen sich natürlich damit öffnen.

Ohne angeschlossene Fräse kann man mit dem Programm alle Funktionen nutzen, bei denen die Fräse nicht bewegt wird. Fragen dürfen gestellt werden, die erste Antwort (auf die Frage: "Warum eigentlich in BASIC?") gibt es gleich: Ich hatte mal einen Commodore Plus/4, den man in BASIC und Assembler (auch gemischt innerhalb eines Programmes) programmierte. Und daher kam ich sofort mit QBASIC zurecht, auch Dank der sehr guten Online-Hilfe zu QBASIC...

Diese Fräse ist keinesfalls für Dauerbetrieb geeignet, aber bei mir fallen nicht mehr als die Fläche von 1...2 Europlatinen (natürlich in kleineren Einheiten) im Monat an. Bei zweiseitig wird es arg kritisch, SMD geht garnicht. Bohrlöcher werden nicht durchgebohrt sondern nur angefräst, also etwas besser als angekörnt. Das bohrt sich dann aber gut von Hand.

Übrigens: Die zum Aldi-AntiDremel gehörende biegsame Welle dient mir mit einer Diamantscheibe, einem 12V-Motor und ein paar Brettern und Schrauben als erstklassige Platinenschneidmaschine...
Da die Schnitttiefe mittels Spindel (Anschlag) recht genau eingestellt werden kann, lassen sich damit auch sehr einfach Universalplatinen mit Lötinseln anfertigen, wie man sie oft für einfachste Testschaltungen benötigt. Dazu wird die Schnitttiefe so eingestellt, dass nur die Kupferschicht durchtrennt wird. Die Schnittbreite beträgt 0,7 mm.
Der Anschluss der Trennschleifvorrichtung erfolgt über Steck-Kontakte am Ende des Klapparms, auf die der Mikrotaster des hier gezeigten Anschlusskabels aufgesteckt wird. Dies dient auch zum Betrieb der hier gezeigten 12V-Minimaschinen. Besonders die beiden Trennschleifer haben sich bewährt, sie arbeiten mit abgenutzten 115mm-Scheiben von 1mm Dicke, die für den 115mm-Winkelschleifer zu klein sind. Sie schneiden hervorragend Kunststoffe und Platinenmaterial, aber auch Metall. Die "kleine Flex" bekommt demnächst die Scheibe der "großen Flex", diese braucht dann wieder eine gebrauchte Scheibe vom 115er Winkelschleifer.