Umbau der "Planet T5" für Gartenbahn-Mehrzugsteuerung, warum eigentlich?
Nunja, ich betreibe selbst weder Modellbau (gebaute Modelle) noch Modellsport (mit gekauften Modellen) und ich besitze auch keine Modelleisenbahn. Trotzdem interessiert mich die Technik, die dazu nötig ist. Und daher baue ich auch gern mal elektronische Komponenten für befreundete Modellbauer und Modellbahner (meist Gartenbahn).
Bei einigen Gartenbahnern gibt es den Wunsch nach einfacher, zuverlässiger und störungsfreier Steuerung mehrerer Züge ohne großen Verkabelungsaufwand. DCC-Digitaltechnik ist zwar gut und schön, es gibt inzwischen auch schnurlose Bedienteile, aber die Technik hat ihren Preis und ist vielen Modellbahnern zu umständlich zu bedienen. Dazu kommt noch, dass die verschiedenen Anlagen nur halbwegs kompatibel zu anderen Fabrikaten sind und dass viele industriell gefertigte Lokdecoder den Betrieb auf Gleichstrom (PWM) nicht mögen und da ihre CVs überschreiben, da sie die DCC-Signale nur halbherzig auswerten.
Das ist für etliche Gartenbahner ein Grund, nicht auf DCC zu setzen.
Welche Alternativen gibt es nun?
Es wird gelegentlich mit den verschiedensten RC-Fernbedienungen herumgebastelt, teils aus Spielzeugen, meist auf dem 27MHz-Band. Bei Treffen gibt es dann entsprechende Kollisionen mit den Frequenzen. Außerdem verursachen die Motoren oft Störungen am Empfänger. Diese Lösung ist es also auch nicht.
Nun habe ich davon gehört, dass das 2,4GHz-Band recht störungsarm sein soll (die Störimpulse der Motoren reichen nicht in diese hohen Frequenzen). Dann wurde ich auf die Fernsteueranlage Planet T5 aufmerksam gemacht, die zwar etwas eingeschränkte Reichweite hat (für Modellbahner immernoch mehr als genug), aber zu einem akzeptablen Preis (auch für weitere Empfänger) zu haben ist und den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Empfänger erlaubt. Damit wäre es nun möglich, mit jedem Kanal eine andere Lok zu steuern. Die Sache hat allerdings ein paar Haken:
- Loks mit Kreuzknüppeln zu steuern ist sehr umständlich.
- Meist hat man mehr Loks als die Anlage Steuerkanäle hat.
Die Kreuzknüppel müssen also durch Drehpotentiometer ersetzt werden. Das erfordert zwar einen Eingriff in das Gerät, und wenn man dabei gleich die Kreuzknüppelverkleidung mit ausbaut und durch eine neue Frontplatte ersetzt (z.B. eine Kombination aus Leiterplatte auf der Innenseite zur Stabilität und eine Kunststoffplatte außen), dann bleiben die Gehäuseteile erstmal original, was den Rückbau in den unbeschädigten Oroginalzustand ermöglicht. Das ist aber erst die halbe Miete, denn man hat meist mehr als 4 Loks, die damit gesteuert werden sollen, fährt aber meist mit weniger als 3 Loks gleichzeitig.
Das brachte mich auf den Gedanken, nur 3 Kanäle mit Drehknopf-Potis auszustatten und einen Kanal mit einem Tastensatz (und Spannungsteiler) zu versehen und ihn zur Übertragung der Tastendrücke zu nutzen. Damit hat man 3 Fahrkanäle und 1 Verwaltungskanal.
Da die Fahrtregler der Loks, nennen wir sie "Decoder", obwohl sie nicht zu den Decodern von Digitalsteuerungen wie DCC kompatibel sind, sowiso selbst gebaut werden (basierend auf AVR-Mikrocontrollern), können diese so ausgestattet werden, dass sie ständig die Informationen aller 5 Kanäle empfangen und auswerten. Jeder Decoder bekommt dazu noch eine individuelle Adresse (z.B. zweistellige Nummer 00 bis 99).
Mit dem Verwaltungskanal kann somit jede Lok einzeln angesprochen werden (Loknummer per Zifferntasten, Befehlstaste). Man kann ihr mitteilen, auf welchen der 3 Fahrkanäle sie reagieren soll oder ob sie parken soll. Dies ermöglicht es, jede Lok mit jedem Fahrkanal zu steuern oder sie abzuschalten. Dazu braucht es in der einfachsten Version (bedienungsmäßig gesehen) 10 Zifferntasten (0...9) und 4 Befehlstasten (Kanal A, B, C und aus).
Dies wären also erstmal 3 Drehregler (Potis) und 14 Tasten für die Loksteuerung. Nun gibt es aber nicht nur Loks, sondern auch Weichen und andere zu schaltende Verbraucher. Es bietet sich daher an, das Steuergerät dieser Zubehörartikel auch mit einem Steckplatz für einen (oder mehrere) Planet-Empfänger auszustatten und die Zifferntasten auch zur Steuerung des stationären Zubehörs zu nutzen. So als Option, man muss ja nicht. Dazu wären dann 3 weitere Befehlstasten interessant: ROT (Halt, Aus, Weiche auf Abzweig), GRÜN (Fahrtfrei, Ein, Weiche auf Geradeaus) und OK (z.B. zum Aufruf von gespeicherten Fahrstraßen). Dies hat zwar erstmal keine Priorität, sollte aber beim Umbau des Fernsteuersenders nicht vergessen werden. Der Tastenblock für den Verwaltungskanal sollte also mindestens 17 Tasten haben.
Nun ein paar Gedanken zum Konzept:
Jeder, der diese Betriebsart mitmachen will, benötigt einen modifizierten Fernsteuersender und für jede Lok einen Empfänger mit Decoder. Sollte eine Weichensteuerung vorgesehen werden, dann bekommt diese ein paar Steckplätze für Funkempfänger, in die jeder Teilnehmer einen weiteren Empfänger stecken kann, der an seinen Sender "gebunden" ist. Somit steuert jeder Teilnehmer seine eigenen Züge und ggf. die Weichen der gesamten Anlage.
Für die Stromversorgung der Loks gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Strom aus dem Gleis. Jede Lok bekommt Stromabnehmer, Gleichrichter und einen dicken Elko zur Stromversorgung des Fahrtreglers und Empfängers.
Separater Akku. Jede Lok bekommt einen eigenen Akku. Zum Laden muss ein Ladegerät angeschlossen werden. Als Akkus kämen dreizellige LiPo-Akkupacks zum Einsatz, da diese eine hohe Energiedichte haben und inzwischen auch bezahlbar geworden sind. Auch die Ladegeräte mit eingebautem Balancer sind inzwischen zu halbwegs akzeptablen Preisen verfügbar.
Kombination aus Akku und Strom aus dem Gleis. Der Akku überbrückt durch Kontaktprobleme verursachte Stromausfälle. Zum Laden muss ein Ladegerät angeschlossen werden.
Das Ladegerät fährt mit und lädt den Akku mit dem Strom aus dem Gleis. Der Akku versorgt die Lok mit Strom und wird (auch während der Fahrt) vom Ladegerät geladen, solange das Gleis Spannung führt und Strom liefern kann. Bezahlbare LIPO-Lader sind verfügbar, es muss nur noch geklärt werden, welchen Eingangsspannungsbereich sie vertragen und ob weitere Elektronik zum Aufbereiten der Spannung vom Gleis erforderlich wird.
Zum Fahren einer Lok wird ja nur ein Steuerkanal der Anlage benutzt. Da die Datenübertragung digital mit 10 Bit Auflösung (1024 Stufen) erfolgt, haben die vom Empfänger erzeugten "Servoimpulse" eine sehr hohe Präzision. Die Mikrocontroller der Decoder sollen mittels Quarz getaktet werden, um die vom Empfänger generierten Impulsbreiten genau messen zu können, also um diese hohe Präzision auch nutzen zu können. Da zum Fahren einer Lok diese hohe Auflösung nicht erforderlich ist, kann ein Teil des Stellbereiches zum Übertragen von Schaltbefehlen genutzt werden. Damit wären dann neben der Umsteuerung (vorwärts/rückwärts) auch noch 2 Schaltfunktionen möglich, mit denen der Decoder über Schaltausgänge z.B. einem Soundmodul mitteilt, dass es die Pfeife oder die Glocke ertönen lassen soll. Mehr ist im Allgemeinen nicht nötig, wenn doch, dann kann der Lok-Fahrtregler auch so programmiert werden, dass Mehrfach-Tastendrücke unterscheiden kann (1x Pfeifen, 2x Kupplung betätigen, 3x Licht im Zug an/aus, ...). Unter Berücksichtigung dieser Möglichkeiten und im Interesse eines übersichtlichen Fahrpultes mit nicht zu vielen Bedienelementen halte ich neben dem Taster zum Umsteuern einen Doppel-Kipptaster (Kippschalter mit Mittelstellung und Federrückstellung) pro Fahrkanal für ausreichend. Der Taster zur Fahrtrichtungsumkehr kann unter dem Poti platziert werden, was dann "Märklin-Feeling" ergibt (Umsteuerung durch Druck auf den Drehknopf).
Zusammenfassung
Das System würde bis zu 100 Loks unterstützen
Davon können 3 Loks (mit zusätzlichen Vorspann- oder Schiebeloks) gleichzeitig unabhängig voneinander gesteuert werden.
Neben der Steuerung des Fahrantriebs stehen für jeden der 3 Fahrkanäle 2 Funktionstasten zur Verfügung, die auch seriell (mehrfache Betätigung kurz hintereinander) genutzt werden können, wenn der Decoder in der Lok das auch unterstützt.
Das An/Abmelden der Loks (Zuweisung eines Fahrtreglerkanals) erfolgt durch eine Sequenz von 3 oder 4 Tastendrücken, also zuerst zwei Ziffern der Loknummer, dann die Kanaltaste einmal für vorwärts oder zweimal für rückwärts. Das Anmelden für Rückwärtsfahrt ist für Vorspannloks vorgesehen.
Schiebe- oder Vorspannloks (in Laienkreisen auch "Doppeltraktion" genannt) können nach dem Heranfahren an den Zug auf den Fahrtregler der Zuglok angemeldet werden. Somit können mehrere Loks einer Zugeinheit mit einem Fahr-Steuerkanal gesteuert werden.
Es sind Zubehör-Decoder zur Steuerung von Zugbeleuchtung denkbar und machbar, die an einen eigenen Empfänger angeschlossen werden. Das ist zwar ein großer Aufwand, aber wer es unbedingt braucht? Die Steuerung würde dann wie bei einer Weiche erfolgen oder wie bei einer Fahrstraße, nur mit einer höheren Adresse.
Es sind Steuergeräte für stationäres Zubehör (Weichen, Schranken, Bahnhofslicht usw.) denkbar und machbar, die ihre Befehle von einem oder mehreren Funkempfängern erhalten und somit über den Tastenblock der Sender gesteuert werden.
Der Aufwand am Stellpult (modifizierte Planet T5) ist bedeutend geringer als eine Digitalzentrale. Das Stellpult ist dabei als drahtloser Handsender auch noch sehr flexibel einsetzbar.
Der Aufwand beim Nachrüsten der Loks ist etwa vergleichbar mit dem Aufwand beim Umrüsten der Loks auf Digitalbetrieb. Nur bei Einsatz von Akkus ist der Aufwand höher, dafür aber auch Nutzen, denn dann entfällt ja auch das Reinigen der Gleise.